Still und heimlich

Thorsten Peters

Ich rühme mich wirklich nicht dafür, bei der Durchsicht der Unterlagen zur letzten Gemeinderatssitzung entdeckt zu haben, dass der Lagebericht des Stadtwerks am See noch die Kapitalflussrechnung des Vorjahrs enthielt. Es ist eine Petitesse, die eigentlich nicht der Rede wert wäre, wenn sie nicht aufgezeigt hätte, dass sich offenbar niemand im Aufsichtsrat gründlicher damit befasst hat, wie es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre. Es ist menschlich, ein Effekt von großen Gruppen, wie ich schrieb, und ich nehme mich selbst auch nicht davon aus, dass mir so etwas passieren könnte. Deshalb hatte ich eine Änderung der Aufsichtsstruktur vorgeschlagen.

Fehler im Lagebericht sind kein Weltuntergang – es wird sie tausendfach folgenlos geben. Ich hätte erwartet, dass das einfach so stehen bleibt, und im nächsten Jahr wird es halt wieder richtig gemacht. Wenn man unbedingt wollte, hätte man einen kleinen Nachtrag liefern können: „Hier zur Information die korrekte, aktuelle Kapitalflussrechnung nachgereicht“ oder so ähnlich. Was aber gar nicht geht, ist das, was jetzt passiert ist:

Wer den Link zum Lagebericht in meinem letzten Artikel aufruft, wird feststellen, dass er nicht mehr funktioniert. Der Lagebericht ist verschwunden. Auf der Seite zur Gemeinderatssitzung im Ratsinformationssystem hat sich gleichwohl scheinbar nichts geändert: Der Lagebericht wird nach wie vor als Anlage 4 zum Tagesordnungspunkt aufgeführt. Doch die verlinkte Datei wurde heimlich verändert:

Jetzt ist eine andere Version des Lageberichts hinterlegt und diese enthält – man glaubt es kaum – die aktuelle Kapitalflussrechnung. Auch die neue Version enthält die Unterschrift des Geschäftsführers und zwar genau wie die andere mit Datum vom 31. März.

Hat er am gleichen Tag einen fehlerbehafteten und einen korrekten Lagebericht unterzeichnet? Oder wurden hier nachträgliche Änderungen zurückdatiert? Jedenfalls suggeriert nun das Ratsinformationssystem der Öffentlichkeit, die neue Version des Lageberichts wäre der Beratung und dem Beschluss des Gemeinderats zugrunde gelegen. „Beschluss: einstimmig beschlossen“

Das ist keine Petitesse. Der Gemeinderat hatte beschlossen, dass er den Lagebericht zur Kenntnis nimmt. Ich verstehe das so, dass damit der Lagebericht in der vorgelegten Version Teil der Niederschrift geworden ist. Die Niederschrift der Gemeinderatssitzung ist eine öffentliche Urkunde und besitzt Beweiskraft (§ 415 ZPO). Eine heimliche nachträgliche Veränderung des Lageberichts halte ich für rechtswidrig. Da bin ich penibel. Hier darf es nicht die geringste Manipulation geben. Wenn schon wegen so einer Kleinigkeit getrickst wird, was haben wir dann erst zu erwarten, wenn es um bedeutende Sachverhalte geht?

Heute Abend ist wieder Gemeinderatssitzung. Ich werde ein paar Fragen stellen.