Ausschusssitzung vom 04.11.2024
Den Gemeinderat erreichen Hilferufe aus den Überlinger Grundschulen. Die Krisen und Konflikte nehmen zu. Die Feuerwehr für diese Probleme nennt sich Schulsozialarbeit. Sie rennt quasi von einem Brand zum anderen und kommt doch nicht hinterher.
Um Konflikte und Krisenintervention erfolgreich anbieten und durchführen zu können, bedarf es mittlerweile an der Burgbergschule einer täglichen Präsenz der Schulsozialarbeit.
(Quelle: Sitzungsvorlage)
In den Brandbriefen der Grundschulen (➔ 1, ➔ 2) ist von aggressiverem Spielverhalten der Kinder die Rede und zwar sowohl was Vokabular als auch Tätlichkeiten betrifft. Die Schulsozialarbeit mache Projekte zur Gewaltprävention und bilde Streitschlichter aus. Die Eltern suchen vermehrt den Kontakt zur Schulsozialarbeit unter anderem im Zusammenhang mit Schulwechsel. Mit anderen Worten: Die Hütte brennt.
Und die von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Lösung?
Die lautet: Noch mehr Geld in die Sozialarbeit stecken!
Natürlich lässt sich auf die Schnelle gar nichts anderes machen, damit die Situation nicht eskaliert. Deswegen stimme ich dem Antrag auch zu. Aber natürlich ist das keine dauerhafte Lösung. Ganz offensichtlich befinden wir uns auf dem falschen Weg.
Ich kenne das aus meiner Grundschulzeit nicht und wüsste nicht, dass es bei uns überhaupt einen Sozialarbeiter gab. Wir kamen untereinander und mit den Lehrern ganz gut klar. Ich bin gerne in die Schule gegangen. Was hat sich bloß seitdem zum Schlimmeren verändert?
Das wurde in der gestrigen Ausschussitzung diskutiert. Ich habe erst mal die Kollegen reden lassen. Zu hören war: Spielsucht, Magersucht, Corona-Nachwirkungen, überlastete Eltern. Niemand sprach den im Raum stehenden Elefanten an. Dann meldete ich mich zu Wort, denn dafür bin ich über die AfD-Liste gewählt worden.
Im Brief der Grundschulen Hödingen, Nußdorf und Lippertsreute-Deisendorf ist die Rede von der „zunehmenden Heterogenität in den Schulklassen“. Was damit gemeint ist, zeigt die Sitzungsvorlage anhand der Burgbergschule Überlingen: Von 250 Schülern sind über 100 Migranten, also mehr als 40%. Die „besonderen Herausforderungen“ ergäben sich demnach unter anderem aus fremden Kulturen und fremden Muttersprachen (neudeutsch: „kulturelle Kontexte“ und „sprachliche Hintergründe“).
Viel weiter komme ich mit meinem Redebeitrag nicht. Oberbürgermeister Jan Zeitler unterbricht mich mit seinem Kommentar: Aber Herr Peters, … und es folgt ein Loblied auf die gute Schulsozialarbeit. Ich ringe mir das Wort zurück: Wir müssen die Ursachen anschauen, warum überhaupt immer mehr Schulsozialarbeit zur Konfliktbewältigung gebraucht wird. Denn diese setzt an den Symptomen an und nicht an den Ursachen. Daraufhin heißt es von den Schulvertretern: Doch, doch, die Schulsozialarbeit setze durchaus an den Ursachen an, schließlich betreibe sie zu einem großen Teil auch Projekte zur Prävention. Nein, antworte ich, die Frage nach der Ursache lautet: Warum braucht es immer mehr Präventionsarbeit?
Inzwischen ist die Lautstärke in der Sitzung merklich angestiegen. Die Kollegen Stadträte lassen sich ihre Empörung anmerken. Nicht nur wollen sie selbst nichts davon hören ‒ sie wollen, dass überhaupt nicht darüber gesprochen wird. Mein Redebeitrag artet in ein Hin und Her mit der Stadtverwaltung aus. Zweimal streikt mein Mikrofon aus unerfindlichen Gründen. Ich möge das Thema doch bitte nicht ideologisieren, meint der Oberbürgermeister und spielt einen Trick gegen mich, den ich schon einmal erleben musste: Er unterbricht mich mit einer eigenen Anmerkung und weist danach das Wort einem anderen Stadtrat zu. Diesmal wehre ich mich aber und er meint unschuldig „Ach so, ich dachte, Sie wären fertig gewesen.“
Ich führe aus, dass es natürlich auch starke Unterschiede bei Fähigkeit und Leistung in Klassen mit rein deutschen Schülern gäbe. Ein anderer Stadtrat grätscht energisch dazwischen, was ich mit „rein deutsch“ meine. Wieder Empörungswallungen. Klassen ohne Schüler mit Migrationshintergrund, erwidere ich und führe fort: Aber aus dieser Heterogenität entstehen ja noch keine Konflikte. Nach meiner Frage an die Stadtverwaltung, ob es denn auch einen Anstieg an körperlichen Auseinandersetzungen gebe, ist kein Halt mehr. Ich höre durch den tobenden Raum gerade noch die Antwort, dass es natürlich auch körperliche Auseinandersetzungen gebe, aber jetzt redet alles nur noch durcheinander. Oberbürgermeister Zeitler macht Anstalten, das Thema zu beenden, und ich setze mit lauter Stimme noch eine Frage nach: Wir sehen einen starken Anstieg an Migration und wir sehen einen starken Anstieg an Konflikten in den Schulen. Gibt es dazwischen einen Zusammenhang? Zeitler, an den die Frage überhaupt nicht gerichtet war, erwidert energisch: Die Frage wurde bereits beantwortet. Inmitten des Tumults meint ein anderer Stadtrat noch, das Ende der Debatte beantragen zu müssen. Doch Zeitler hat schon erkannt, dass ich an dieser Stelle tatsächlich entnervt aufgegeben habe, weshalb er gleich zur Abstimmung übergeht, die den Tagesordnungspunkt beendet.
Für einen Neuling im Gemeinderat wie mich war das eine kleine Lehrstunde. Es ist ein Fehler, unter solchen Bedingungen weiterzureden. Sich mit höherer Lautstärke durchzusetzen, führt zu nichts. Wenn der Bürgermeister als Sitzungsleiter wieder einmal seine Aufgabe vernachlässigt und Unruhe gewähren lässt, werde ich zur Not selbst zu einer dem Gemeinderat angemessenen Diskussionskultur ermahnen und Ruhe einfordern. Gelegenheiten dafür werde ich bestimmt noch oft bekommen, denn die Folgen des Tabus Ersetzungsmigration werden wir noch häufig zu spüren und zu diskutieren haben. Da bleibe ich ganz bestimmt nicht still.
