Gemeinderatssitzung vom 23.10.2024
Als vor genau einem Monat im Finanzausschuss die erste Information der Kämmerei über die Auswirkungen der Grundsteuerreform auf Überlingen erfolgte, hatte ich drei Fragen gestellt:
1. Werden einkommensschwache Grundstücksbesitzer, die seit Jahrzehnten in einem kleinen Haus mit großem Garten drum herum wohnen, durch eine starke Steuererhöhung faktisch enteignet werden?
Die Antwort erfolgte anhand einer fiktiven Beispielimmobilie, deren Steuererhöhung rechnerisch etwa 400 Euro betrug. Nein, von Enteignung könne man da nicht sprechen.
2. Ist zu erwarten, dass zahlreiche Immobilien in dünn besiedelten Gebieten mit hohen Bodenrichtwerten verkauft werden, mit der Folge, dass dort der Wohnraum verdichtet wird?
Auch das wurde verneint, denn ländliche Gebiete würden eher entlastet werden. (Die haben aber auch keine hohen Bodenrichtwerte…)
3. Wie kann die Stadt im Einzelfall einen Steuerpflichtigen mit sehr starker Steuererhöhung entlasten?
Da sah die Stadtverwaltung keine Möglichkeiten und es sei auch nicht erwünscht. Allenfalls sei eine vorübergehende Stundung der Steuerschuld möglich.
Heute Abend ist wieder Gemeinderatssitzung und die Kämmerei wartet mit neuen Zahlen auf, die auch schon im Vorfeld veröffentlicht wurden. Und die sehen gar nicht gut aus.
Der aufkommensneutrale Hebesatz der Grundsteuer B wird voraussichtlich bei 144 liegen. Das bedeutet für viele hunderte Grundstücke eine fünf- oder zehnfach höherer Belastung. Weit über Tausend Grundstücksbesitzer werden künftig zwischen 500 und 2.000 Euro mehr berappen müssen als bisher. Weit über 200 Grundstücksbesitzer werden mehr als 2.000 Euro mehr zahlen, einzelne sogar über 10.000 Euro mehr. Für viele wird das eine faktische Enteignung darstellen.
Das bedeutet, dass es in dünn besiedelten, aber heute hoch bewerteten Gebieten zu einer Nachverdichtung kommen wird. Gartenbesitzer werden Teile ihres Grundstücks abstoßen müssen, um nicht finanziell erdrosselt zu werden. Andere werden komplett vertrieben, ihre Einfamilienhäuser abgerissen und durch Wohnsilos ersetzt werden, wo die nächsten Fremden aus der ganzen Welt angesiedelt werden können.
Die Grundsteuerreform wolle gerade eine hohe Steuerbelastung bei großen (Einfamilienhaus-)Grundstücken in den Bereichen mit hohen Bodenrichtwerten, sagt die Kämmerei ausdrücklich. Sie meint die heutige Bundes- und Landespolitik.
