
➔ alle Unterlagen zur Sitzung des Ausschusses für Bau, Technik und Verkehr am 14.10.2024 im Bürgerinformationssystem der Stadt Überlingen
Grundlage manipuliert
Der Rahmenplan des Architekturbüros Planstatt Senner ist die Grundlage für den Bebauungsplan, der bereits im Januar 2024 vom Gemeinderat aufgestellt wurde. Er enthält zum einen technische Aufrisse des Bauvorhabens von verschiedenen Seiten und zum anderen eine Visualisierung des geplanten Baus als Luftbildaufnahme.
Seite 10 zeigt den Aufriss vom Bodensee aus (von Süden). Es sind unter anderem die drei Terrassenetagen in rot, lila und grün zu sehen sowie die Tiefgarage in türkis. Die schwarze annähernd waagerecht verlaufende Linie zeigt die Hanghöhe vor dem Gebäude. Der Hang verdeckt den linken (westlichen) Teil der grünen Etage teilweise. Der rechte (östliche) Teil dieser untersten Etage ist aber unverdeckt und hat somit Seesicht, wie auch die beiden darüber liegenden Etagen (lila und rot).
Auf Seite 16 ist die Visualisierung des Bauvorhabens abgebildet. Sie allein vermittelt ein verständliches Bild vom geplanten Bauvorhaben und ist damit die entscheidende Grundlage für die Urteilsbildung. Mit dieser Visualisierung ist die Klinik Buchinger Wilhelmi über den Südkurier an die Öffentlichkeit gegangen. Die Anwohner gaben auf Basis dieser Visualisierung Stellungnahmen ab und die Stadt antwortete ihnen mit Verweis auf diese Visualisierung.
Die Visualisierung ist jedoch geschönt und enthält einen schwerwiegenden Fehler: Es sind auf ihr nur zwei statt drei Terrassenetagen abgebildet. Darüber hinaus zeigt sie unrealistische begrünte Dächer, die wie satte grüne Wiesen aussehen. Tatsächlich sind aber auf den Dächern Solar- und Photovoltaikanlagen geplant und auf den Terrassendächern sind unbegrünte Bereiche zur Nutzung durch die Gäste vorgesehen. Dass Bäume direkt vor den Panoramafenstern gepflanzt werden ist weder geplant noch zu erwarten.
Die Visualisierung verschleiert damit die beabsichtigte massive Bebauung. Diese steht im starken Kontrast zum Umfeld, das sich durch eine lockere Bebauung mit Einzelhäusern auf großzügigen Grundstücken auszeichnet.
Stellungnahmen der Anwohner abgebügelt
Der Bauausschuss hat die im März eingegangenen Stellungnahmen der Anwohner zu berücksichtigen und abzuwägen. Dafür hat die Stadtverwaltung eine Abwägungstabelle vorbereitet.
Seite 13 gibt die private Stellungnahme V vom 20.03.2024 wieder. Der Anwohner zitiert darin die gesetzliche Forderung, wonach die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln seien. Die Stellungnahme stellt fest: „Durch die im Rahmenplan dargestellten massiv erweiterten Gebäudevolumen und Flächen werden diese Grundsätze außer Acht gelassen.“ Und weiter: „In den Stadtansichten stellen die geplanten Gebäudekörper aufgrund ihrer Kubatur, ihrer Baumasse und ihrer herausstechenden Höhe und Breite eine das Orts- und Landschaftsbild erheblich und nicht nur unwesentlich beeinträchtigende Baumaßnahme dar.“
Die von der Stadt empfohlene Antwort darauf beruft sich auf die gleichen Stadtansichten (die Visualisierung) und es wird darin behauptet: „Hier ist zu erkennen, dass der südliche terrassierte Anbau durch den Baumbestand so gut wie nicht in Erscheinung tritt. Das Haupthaus und der Neubau der Villa Larix verändern die Ansicht vom See aus, fügen sich aber dennoch in das Gesamtbild ein.“
Offensichtlich sieht der eine Betrachter der Visualisierung das genaue Gegenteil von dem, was der andere Betrachter sieht. Während der Anwohner seine Aussage begründet, bleibt die Aussage der Stadt jedoch eine unbegründete Behauptung, als handele es sich um ein beliebiges, subjektives Urteil. Darüber hinaus ist die Feststellung falsch, dass der südliche Anbau durch Bäume verdeckt werde, denn es geht bei dem Bauvorhaben gerade darum, die Seesicht auszuschöpfen.
Grundsätzliche Überlegung
Der Wert eines Grundstücks in Überlingen steigt mit der nutzbaren vertikalen Fläche, also der Seesicht. Das Bauvorhaben will die gesamte verfügbare vertikale Fläche des Hanggrundstücks ausnutzen und sogar noch darüber hinaus gehen. Von Ost nach West wurde bereits ein breites zusammenhängendes Gebäude gebaut und damit jeder Zentimeter verwertet. Und im Norden wird bereits mit dem hohen Hauptgebäude den dahinterliegenden Gebäuden die Seesicht zum eigenen Vorteil genommen. Jetzt soll zum einen nach Süden hin erweitert werden und zwar wieder auf der gesamten Breite. Zum anderen soll die zulässige Wandhöhe des Haupthauses von 11 auf 15 Meter erhöht werden zuzüglich einem halben Meter für Solar- und Photovoltaikanlagen.
Auch wenn sich ein Klinikunternehmen wohl kaum auf Zwänge des Wettbewerbs berufen kann, wenn es sich selbst als „Marktführer“ und „weltweit führend“ bezeichnet, kann man es ihm nicht übel nehmen, wenn es den Gewinn aus seinem bestehenden Kapital maximieren will. Die Gäste haben eben eine hohe Zahlungsbereitschaft für die Seesicht aus großen Panoramafenstern. Die Gewinnmaximierung geht hier aber zum einen auf Kosten der Nachbarn, denen entweder die Sicht genommen wird, die den Schatten abbekommen oder die optisch bedrängt werden. Zum anderen geht sie auf Kosten des Stadtbildes und damit auf Kosten der Allgemeinheit. Denn natürlich passt die massive, vollflächige Bebauung in keiner Weise in die unmittelbare Umgebung und zur ländlichen Idylle von Überlingen. Wird durch eine laissez-faire-Politik solche Bebauung zugelassen, kommt Überlingen Schritt für Schritt dem Aussehen näher, das man von den unregulierten Hangbebauungen in Südländern kennt. Unsere Amtsvorgänger im Gemeinderat wollten das nicht und deshalb sieht der bisherige Bebauungsplan solche Bauweisen auch nicht vor.
Die bestehenden Gebäude der Klinik überschreiten schon jetzt die Begrenzungen des bisherigen Bebauungsplans, wie aus der Begründung auf Seite 16 hervorgeht. Sie verfügen auch über Flachdächer bzw. flach geneigte Walmdächer, die laut rechtsverbindlichem Bebauungsplan gar nicht zulässig sind, wie es in der Sitzungsvorlage heißt. Damit hat sich die Stadt bereits als sehr großzügig gegenüber der Klinik erwiesen. Schon die jetzige Bebauung genießt also eine Ausnahmeregelung, die sich die Klinik profitabel zunutze gemacht hat. Hinzu kommt noch, dass die Villa Belgrano und die daneben liegende Parkvilla (beide im Westen des Geländes) bereits im Rahmen des bestehenden Bebauungsplanes ausgebaut werden können. Dazu war die Stadt der Klinik 2012 erneut sehr großzügig entgegengekommen. Die damalige Begründung ist heute leider in Vergessenheit geraten: „Der Stadt Überlingen wurde plausibel dargelegt, dass bei dem vorhandenen Gebäudebestand im gesamten Klinikareal eine Erweiterung mittelfristig lediglich auf dem Grundstück der Parkvilla in Betracht kommt.“ Dieses mehrfache Entgegenkommen der Stadt scheint leider den Appetit der Klinik erst richtig geweckt zu haben.